Es gibt so Tage, da ist man geneigt, über Schritte nachzudenken, dem vermutlich ohnehin unausweichlichen Untergang der gedruckten Tageszeitung mit geeigneten Mitteln nachzuhelfen. Heute ist so ein Tag.
Andererseits: Ich möchte meine NWZ am Frühstückstisch nicht wirklich missen. Also übersetzte ich meinen Unmut in hoffentlich konstruktive Kritik und schreibe Olaf Reichert – Autor dieses Kommentars zu diesem von der dpa übernommenen Beitrag einen Brief:
Sehr geehrter Herr Reichert,
ich habe mich über Ihren Kommentar in der NWZ vom 27. Mai 2009 geärgert. Geärgert habe ich mich nicht, weil ich anderer Meinung bin als Sie. Geärgert habe ich mich, weil sie ein Urteil über einen Sachverhalt fällen, zu dem Sie ganz offensichtlich keine eigenen Recherchen angestellt haben und nicht zuletzt in Folge dessen schlecht informiert waren.
Dass Sie keine eigenen Recherchen angestellt haben, liegt aus meiner Sicht nahe.
Zum einen führen sie aus, der Abgeordnete Ulrich Kelber habe sein „exklusives Wissen“ als Mitglied der Zählkommission vorzeitig öffentlich gemacht. Das ist falsch. Ulrich Kelber war nicht Mitglied der Zählkommission. Außerdem war sein Wissen keineswegs exklusiv. Bereits deutlich vor Kelbers Veröffentlichung kannten weite Teile der Bundesversammlung und einige Medienvertreter das Ergebnis. Die Fraktionsvorsitzenden kannten das Ergebnis und hatten es per stiller Post längst weitergegeben.
Hätten Sie eigene Recherchen angestellt, wäre ihnen zudem aufgefallen, dass nicht zwei, sondern mindestens drei Abgeordnete das Ergebnis per Twitter verbreitet haben. Der dritte im Bunde war mit Garrelt Duin ein für unsere Region nicht eben unbedeutender Politiker. Eine – das werden Sie zugeben – perfekte Gelegenheit, aus einer dürren dpa-Meldung eine für die Region interessante Geschichte zu machen.
Mit Duin zu sprechen, wäre auch deshalb interessant gewesen, weil das den Weg der Information an die Öffentlichkeit möglicherweise weiter erhellt hätte. Duin sagt nämlich, er habe die Information von einem Journalisten erhalten.
Dies vorweg geschickt möchte ich mir für die Zukunft gerne folgendes wünschen: Beschränken sie sich gerne auf die Übernahme von Material der dpa. Zumal dann, wenn es sich wie hier im Grunde um eine Nebensächlichkeiten handelt. Mein Anspruch an die NWZ ist bei solchen Dingen nicht so hoch.
Bevor jedoch Urteile gefällt und Kommentare geschrieben werden, braucht es schon ein wenig mehr als das. Für Stammtischreflexe ist das Papier der NWZ zu schade.
Mit freundlichen Grüßen
Djure Meinen
P.S.: Wie ein Beitrag zum Thema aussehen könnte, macht übrigens die Welt hier sehr schön deutlich.
Weitere Beiträge zum Thema:
Solche Dinge und ausführliche Berichte über den Kanickelzuchtverein Pusemuckl zu Lasten einer Berichterstattung z.B. aus der Lokalpolitik halten mich übrigens davon ab, die NWZ zu abonnieren.
Gruß
Thorsten