Ich habe den Wegzug aus Bochum noch nicht eine Sekunde lang bereut. Eines jedoch ist bedauerlich. Der Zugang zu den Leckereien aus der Brauerei Moritz Fiege ist deutlich erschwert. Gut, dass es hier mit Jepi einen angemessenen Ersatz gibt. Ansonsten wäre ich untröstlich.
Noch weniger schmerzlich ist der Verlust des realen Gerstensafts, seit ich vor wenigen Tagen @MoritzFiege entdeckt habe. Der noch ganz junge Twitter-Account kommt so professionell daher, dass ich zunächst an einen Fake geglaubt hatte. Weit gefehlt: Dahinter steckt die neue Marketingleiterin Britta Elena Beumers mit ihrem Team.
Warum sie für Fiege twittert und welche Ziele sie damit verfolgt, habe ich sie für folgendes Interview gefragt. Herausgekommen sind erfrischend offene Antworten aus einer offenbar erfrischend jung gebliebenen Brauerei.
50hz: Zunächst einmal: Herzlichen Glückwunsch! Social Media Kommunikation ist unter Markenkommunikatoren als Haifischbecken verschrien, indem man nur verlieren kann. Hier offensiv ausgerechnet via Twitter einzusteigen, zeugt von Mut und Innovationsfreude. Doch was steckt für Euch dahinter? Ein privates Experiment der neuen Marketingleiterin?
Britta Beumers: Vielen Dank! Nennen wir es lieber halbprivat – ich bin der Ansicht, dass Social Media Kommunikation nur mit privatem Interesse funktionieren kann. Das private Interesse stand zuerst auch im Vordergrund, ich hatte Twitter für die berufliche Nutzung schon verworfen. Doch dann haben wir ganz spontan ein Profil eingerichtet und einfach losgetwittert, es hat sich an sich ganz natürlich ergeben.
Im Grunde möchten wir die Brauerei näher an den Nutzer, den man in unserem Fall sicher auch „Fan“ nennen kann, heranbringen: Infos, News und natürlich auch die Menschen, unsere Kollegen. Aber das private Vergnügen lässt sich auf jeden Fall von den beruflichen Interessen kaum unterscheiden. Wie es weiter geht, ob wir demnächst bloggen etc. ist dabei noch vollkommen offen. Als kleines Team müssen wir auch den Zeitaufwand berücksichtigen, wir möchten weiterhin natürlich, frisch und vor allem ehrlich auftreten und wollen keine „Fließband-Kommunikation“ aufbauen.
50hz: Also ein Experiment. Habt ihr schon eine Idee, wie ihr es mit dem klassischen Maßnahmen verknüpfen wollt?
Britta: Ja, vielleicht beschreibt „Testlauf“ das Ganze sogar noch etwas besser. Aktuell machen wir nur auf Veranstaltungen oder Neuigkeiten aus dem Fiege-Fanshop aufmerksam und twittern natürlich mit unseren Followern. Wir möchten uns erst einmal mit Twitter bekanntmachen, uns ein wenig „reinfühlen“. Abhängig davon, wie sich alles weiterentwickelt, können wir uns aber schon vorstellen, Twitter mit klassischen Maßnahmen zu verknüpfen, allerdings nur, wenn es passt. Alles kann, nichts muss – das ist aus unserer Sicht der richtige Weg.
50hz: @MoritzFiege twittert in der „Wir-Form“. Pluralis Majestatis oder seid ihr ein Team?
Britta: Noch sind wir ein kleines Team, es schreiben aktuell nur zwei Kollegen, einer davon vorrangig. Wir wissen nicht, ob wir diese Teamgröße beibehalten oder uns dauerhaft vergrößern werden – die Testphase möchten wir ebenfalls nutzen, um uns darüber klar zu werden. In einem kleinen Team twittert es sich sicherlich besser: angenehmer, spaßiger, schneller und einfach persönlicher. Ein größeres Team könnte deshalb unsere Glaubwürdigkeit zunichte machen.
Sollten wir in absehbarer Zeit ein Blog einrichten, ist es unser Traum, dass drei bis maximal fünf Kollegen aus unterschiedlichen Bereichen der Brauerei insgesamt drei bis fünf Beiträge in der Woche schreiben und wir so noch mehr Einblicke in den Alltag der Brauerei und die Menschen, die hinter dem Bier stehen, geben können.
50hz: Was ist mit Hugo oder Jürgen.* Wissen die beiden was Twitter ist? Lesen sie vielleicht sogar mit? Wird uns Hugo was von seinem nächsten Termin beim MC Bochum twittern?
Britta: Unsere Kollegen haben wir am Mittwoch in unserem internen Newsletter über Twitter und unser Profil informiert. Jürgen kennt Twitter also inzwischen und hat es sich bereits angeschaut. Hugo überraschen wir nach seinem Urlaub mit unserem Profil – und hoffen das Beste. Solange Neuerungen zu Moritz Fiege passen, ist Hugo immer sehr aufgeschlossen. Wir glauben, dass unser Twitter-Auftritt bisher absolut zu Moritz Fiege passt und uns auch so zeigt, wie wir sind.
Hugo ist am Internet besonders interessiert. Aber beide, Jürgen und Hugo, halten sich soweit wie möglich auf dem Laufenden, sie lassen sich zum Beispiel von ihren Kindern darüber informieren. Vermutlich werden also beide Familien mitlesen.
Eine schöne Idee. Vielleicht twittert Hugo nicht gleich von seinem nächsten Treffen beim MC Bochum, aber wenn es ihm gefällt, ist es durchaus vorstellbar, dass er sich ab und zu einloggt und etwas schreibt.
50hz: Eure Twitterei wirkt sehr frisch. Ihr trefft die Sprache der Community. Habt ihr geübt?
Britta: Oh, vielen Dank. Gegenfrage: Kann man so etwas üben? Falls ja: Wie lange kann man es durchhalten? Vermutlich ist genau das der Grund, warum andere Unternehmen Angst vor Social Media Kommunikation haben. Sie versuchen, ihr Corporate Wording in eine Community o.ä. zu pressen und das kann natürlich nicht funktionieren.
Wir sind zwar nicht mehr taufrisch, aber sicher kann man uns noch jung nennen. Im Grunde schreiben wir so, wie uns der Schnabel gewachsen ist und es im Rahmen von 140 Zeichen möglich ist. Moritz Fiege ist extrem mit dem Ruhrgebiet, vor allem natürlich mit Bochum, verbunden. Vielleicht passt es einfach, weil es bei uns genauso ist und wir persönlich außerdem noch viel Spaß an Twitter haben.
50hz: Man wird aus einer Tanja-Anja keine Twitter-Queen machen. Aber ein wenig einhören in den Stil einer Community kann man sich schon, oder? Nächste Frage: Ihr twittert derzeit sehr dialogisch: Fragen werden prompt beantwortet. Auch zu Zeiten, wenn bei Eurem Point of Sale der Hahn offen ist. Bei 25 Followern ist das natürlich noch recht einfach. Könnt ihr diesen Stil beibehalten, wenn ihr 500 Follower habt? Oder müsst ihr dann einen Gang zurückschalten und Euch auf News beschränken?
Britta: Einhören kann man sich natürlich, aber es macht dauerhaft keinen Spaß und ist auch nicht sinnvoll, sich zu verbiegen.
Das ist eine gute Frage. Aktuell spielt sicherlich auch der Reiz des Neuen eine große Rolle. Wir können außerdem noch nicht absehen, ob bzw. inwiefern uns das Twittern möglicherweise dauerhaft im Arbeitsalltag einschränkt. Es kann durchaus sein, dass wir in stressigen Phasen für Antworten länger benötigen und generell weniger twittern werden.
Von 500 Followern können wir derzeit nur träumen, aber unmöglich ist das selbstverständlich nicht. Wir möchten uns in dem Fall aber eigentlich nicht nur auf News beschränken, die können wir schließlich auch über unsere reguläre Internetseite einstellen. Wie die Kommunikation dann aber genau aussehen könnte, darüber können wir ebenfalls nur spekulieren. Vielleicht verlagert sie sich mehr auf den, dann hoffentlich schon vorhandenen, Blog!?
50hz: Noch eine Frage zur Technik. Setzt Ihr auf Clients? Könnt ihr schon mobil twittern? Wie stellt ihr da Monitoring dar?
Britta: Wir haben Twibble installiert, nutzen es aber eher selten, der Spaßfaktor bleibt dabei ein wenig auf der Strecke.
Mobil twittern ist der nächste Step, aktuell scheitert das zumindest bei einem von uns an den technischen Gegebenheiten. Aber wir haben schon gelesen, dass auch andere ein wenig Anlaufzeit dafür benötigt haben, das beruhigt uns. Vom Stadion aus twittern zu können, wäre allerdings schon toll!
Sollten wir ernsthaft glauben, dass die Nachfrage für eine Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit von uns existiert, nähmen wir uns selbst wohl ein wenig zu wichtig – schließlich repräsentieren wir ein zugegebenermaßen außergewöhnliches und sehr beliebtes Bier, aber immer noch ein Bier und kein Dienstleistungsunternehmen. Das wissen unsere Follower, sie wissen auch, dass Menschen dahinter stehen, und wir sind sicher, dass es genau das ist, was ihnen an uns gefällt.
50hz: Abschließend noch eine für mich persönlich wichtige Frage. Wann startet ihr in den Vertrieb am Jadebusen? Immerhin ist das hier ein beliebtes Ferienziel für Leute aus dem Pott. Und Euer größter Fan hat Durst.
Britta: Immer wieder schön zu sehen, dass wir fast deutschlandweit distribuieren könnten. Das Ruhrgebiet ist aber unser Kernmarkt, sonst wären wir ja auch das „Deutschland-Bier“ und nicht das „Ruhrgebiets-Bier“. Es gibt allerdings auch außerhalb des Ruhrgebiets Möglichkeiten, unser Bier zu kaufen: Im Regelfall kann man vor allem bei größeren Getränkemärkten Bier bestellen, das nicht im Standard-Sortiment vorhanden ist. Dieser Service kostet meist keinen Aufpreis. In Deiner näheren Umgebung konnten wir bisher einen Getränkemarkt finden, der Fiege anbietet und sicher auch Sorten auf Wunsch bestellt (trinkgut Willke, Emsstraße 3-7, 26135 Oldenburg). Aber unsere Gebietsleiter haben die vollständigen Listen, die schauen wir uns am Montag mal genauer an, vielleicht toppen wir die 30 Kilometer dann noch.
50hz: Das liest sich doch schon ganz gut an. Am Ende gibt es in Varel noch eine Kneipe, die Fiege ausschenkt.
*Hugo und Jürgen sind Inhaber der Brauerei Moritz Fiege.
Auch mit 500 Followern ist die persönliche Kommunikation beim Corporate Twitter noch kein Problem. :-) Habe kürzlich in Bochum noch mit Fiege angestoßen und gratuliere zum Twitter-Start.
Im „Hol ab“-Getränkemarkt in Oldenburg-Osternburg (bei Maco) gibt es Fiege-Pils. Echt.
Korrektur, der Laden heißt trinkgut, hol ab ist woanders (beides bekloppte Namen ..)
und wenn man den Artikel resp. das Interview zuende liest, muss man nicht so peinliche und überflüssige Kommentare schreiben. Schulle.
Macht ja nix. Wer liest heute schon noch so lange Artikel zu Ende ;-)