Wer links sozialisiert ist, stellt sich auf die Seite der Schwachen. Flüchtlingslager, hungernde Kinder und Tote unter der Zivilbevölkerung: Das sind starke Zeichen für Schwäche. Eine funktionierende Demokratie, eine Luftwaffe und die USA als Verbündete bedeuten Stärke. Im sogenannten Nahost-Konflikt erschien es mir daher lange Zeit einfach, mich gegen isrealisches Handeln zu positionieren.
Begegnungen, Texte und ein wenig Weisheit des Alterns haben seit ein paar Jahren die Erkenntnis reifen lassen: Einfach ist in diesem Konflikt überhaupt nichts. Nicht für die Kinder in Gaza. Aber genauso nicht für Israelis, die mit der schrecklichen Tatsache leben müssen, dass bei einigen ihrer Nachbarn die Auslöschung der Juden quasi Verfassungsrang hat.
Da nichts einfach ist und ich viel zu weit weg und zu wenig im Thema bin, versuche ich mittlerweile, mich herauszuhalten.
Parallel dazu wächst die Einsicht, dass ich mich in der Vergangenheit typischer antisemitischer Muster bedient habe. Ich war und bin natürlich kein Antisemit. Aber meine Sozialisation – die unserer Gesellschaft – steht in Jahrtausende währender antisemitischer Tradition. Sich dessen bewusst zu werden, ist ein schmerzhafter Prozess. Neu zu denken ist anstrengend.
Gut, dass es Menschen wie Wolfgang und Jan gibt, die mich – uns – mit scharfer Analyse und konkreter Erfahrung dabei unterstützen.
Besonders zum Lesen empfohlen:
- Wolfgangs ausführliche Analyse der alltäglichen Antisemitismen, von denen auch mich nach wie vor nicht komplett frei sprechen will.
- Ergänzend sein Text zur Darstellung des Nahost-Krieges in den (öffentlich-rechtlichen) Medien.
- Der Facebook-Stream von Jan.
- Und – schon älter – eine Anleitung der taz zum Verfassen eines richtig guten antiisraelischen Textes.
Trackbacks/Pingbacks