Die Nordwest-Zeitung (NWZ) ist ein Phänomen. Während die Auflagen von Tageszeitungen deutschlandweit in existenzbedrohender Geschwindigkeit einbrechen – bestes Beispiel ist da wohl die sich wenig erfolgreich abstrampelnde WAZ-Gruppe – sind die Verkäufe der NWZ stabil bzw. steigen sogar leicht an.
Das wirft natürlich Fragen nach den Gründen auf. Aus Kreisen der NWZ wird man auf den erfolgreichen Vertrieb hingewiesen. Offenbar gelingt es den Oldenburgern deutlich besser als anderen Häusern, wirklich jeden Mitarbeiter zum „Abo-Verkäufer“ zu machen. Das gilt bis weit in die Redaktionen hinein.
Des weiteren ist Oldenburg und das Umland ein demographisches Paradies. Die Bevölkerung der Stadt wächst – und zwar nicht zuletzt durch Zuzug älterer, gut situierter Menschen. Menschen also, die typischerweise (noch) Zeitung lesen. Im ländlichen Umland sieht die Bevölkerungsentwicklung zwar nicht überall ganz so rosig aus, doch ist hier die Loyalität zu einem Medium natürlich ungleich höher ausgeprägt, als in Ballungszentren.
Bei der taz hat man nun 11 weitere Gründe aufgeschrieben, die das „Meinungsmonopol“ der NWZ und damit die Auflage sichern sollen.
In manchem Punkt der taz steckt ohne Frage ein Körnchen Wahrheit drin. Bei anderen – etwa der Rabattkarte – kann man trefflich streiten, ob das für ein Zeitungshaus so in Ordnung geht. Einige Vorhaltungen schließlich sind reichlich weit her geholt.
Ich will hier keinesfalls eine Lanze für die NWZ brechen, sondern nur auf einige Unstimmigkeiten hinweisen.
Zunächst einmal ist ja fraglich, ob zwischen Meinungsmonopol und Auflage überhaupt ein Zusammenhang besteht. Der WAZ-Gruppe – Zeitungsmonopolist bspw. in Essen – scheint das nur wenig zu helfen.
Dann zum Thema Internet. Der Auftritt der NWZ ist sicher nicht der letzte Schrei, ich würde vieles anders machen. Dass die NWZ nicht nach außen verlinkt, stimmt aber so pauschal eher nicht. Ebenso wenig ist es richtig, das NWZ kein Konzept für junge Leser habe. Dass eher das Gegenteil der Fall ist, schreibt die taz – Stichwort Flirtportal – ja sogar selbst. Das mag der taz inhaltlich nicht gefallen. Aber ein Erfolgsmodell ist es schon. Genauso wie die Abos für Ausbildende.
Zum Verhältnis der NWZ zum Oldenburger Oberbürgermeister vermag ich nicht viel zu sagen. Den Teil der NWZ lese ich nicht. Andernorts – in Varel im Fall Funke (gegen die SPD) und in Brake im Fall Schiefke (tendenziell gegen die CDU) – entwickeln die Lokalteile in jüngster Zeit fast so etwas wie Kampagnenfähigkeit.
Der Text der taz sei trotz dieser Anmerkungen jedem Leser der NWZ ans Herz gelegt. Kritische Distanz und eine zweite Sicht auf die Dinge sind gerade bei Zeitungsmonopolen von Zeit zu Zeit sehr heilsam.
Übrigens: Wenn die NWZ eine richtig coole Zeitung wäre, könnte sie auf die Kritik ja mal mit breiter Brust reagieren. Wie wäre es, den Text prominent – und bitte gegen Honarar ;) – ins eigene Blatt zu heben und sich mit der Kritik auseinanderzusetzen. Oder steckt dafür dann doch zu viel Wahrheit drin?
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