Ich halte mich mit genereller Kritik am regionalen Medienprimus Nordwest-Zeitung (NWZ) bislang ja eher zurück. Zum einen bin ich erst ein gutes Jahr vor Ort und kenne wesentliche Entwicklungen nur sehr vermittelt, zum zweiten finde ich die Leistungen des (gedruckten) Blattes gemessen an meinen Erfahrungen in Münster und Bochum gar nicht mal so schlecht.
Andere leiden offenbar sehr viel intensiver und bringen das auch zum Ausdruck. Der Wardenburger Unternehmer Uwe Brandhorst etwa macht in seiner wöchentlichen Internet-Kolumne regelmäßig Anmerkungen zur weitgehend monopolistisch strukturierten Print-Landschaft, zur wenig schmeichelhaft als „Medienmüll“ bezeichneten Qualität mancher Beiträge und zum Gebaren auf dem Anzeigenmarkt.
Für Medienmenschen, (Lokal-)Journalisten und die regionale Politik gehört diese Seite unbedingt auf die Leseliste.
In seinem jüngsten Beitrag fasst Brandhorst seine Kritik an der NWZ noch einmal zusammen. Kritik über die er im übrigen sagt, es sei eigentlich..
… nicht die Aufgabe eines Bürgers, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, was in einer Gemeinde oder in der Zeitungsbranche in unserer Region abläuft, sondern dies ist die Aufgabe der Zeitungen.
Hier möchte ich ihm widersprechen. Die Ausübung der sogenannten vierten Gewalt durch die Medien ist zwar verfassungsmäßig geschützt, eine Garantie, dass die Medien dem Anspruch „vierte Gewalt“ gerecht werden, ist das jedoch nicht.
Derzeit zeichnet sich ab, dass die Medien – insbesondere die früher so wichtigen Tageszeitungen – diesem Anspruch immer weniger gerecht werden können. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten vieler Verlage sind längst kein Gejammer mehr, sondern eine ernsthafte Bedrohung für Unabhängigkeit, Qualität und mittelfristig sogar die Existenz der Blätter. Dieser Trend wird auch die NWZ trotz Monopolstellung und möglicherweise unlauterem Geschäftsgebahren eher früher als später erreichen.
Man mag den nicht unwahrscheinlichen Untergang von (lokalen) Tageszeitungen bedauern, doch wenn es denn so kommen soll, ist der Souverän – wir alle – eben selbst gefordert. Ratssitzungen sind nicht deshalb öffentlich, damit die Presse dabei sein kann, sondern jeder Bürger. (Ein Recht, dass man übrigens nicht nur beim großen Showdown in Anspruch nehmen sollte.) Bürgermeister haben Telefone und einige sollen sogar dran gehen. Parteien suchen händeringend Nachwuchs. Zur Not gründet man eine eigene.
Die Möglichkeiten, sich zu informieren und einzubringen sind vielfältig. Und jeder Bürger hat die Pflicht, sie zumindest ein wenig zu nutzen.
Ein wesentlicher Grund für die Schwierigkeiten der Zeitungen ist ohne Frage der Erfolg des Internets. Das Internet bietet jedoch gleichzeitig vielfältige Möglichkeiten, die gerissene Lücke wieder zu füllen. Wir brauchen nur endlich mehr Bewusstsein dafür, wie einfach und wie wichtig das ist.
Um es auf den Punkt zu bringen: Jeder von uns kann (ein wenig) Uwe Brandhorst sein.
Noch in einem zweiten Punkt bin ich mit Brandhorst nicht ganz einer Meinung. Die genannten Zugriffszahlen der NWZ online mögen beeindruckend aussehen. Angesichts der unterirdischen Qualität dieser Seiten – technisch wie inhaltlich – dürften die Bindungskräfte marginal sein. Hierzu auf lokaler Ebene Alternativen zu entwickeln, braucht ein wenig bürgerschaftliches Engagement. Mehr aber auch nicht. Und vor den Nachbarschaftsseiten wie Mein Edewecht habe ich eher wenig Respekt. Deren mickrige Leserzahlen erreichen Seiten wie die von Uwe Brandhorst allemal.
Uwe Brandhorst wird hier also künftig Beachtung und gegebenenfalls Erwähnung finden. Schade nur, dass er weder Kommentarfunktion noch RSS-Feed hat. Aber das könnte man ja schnell beheben.