Wann man regelmäßig mit Bloggerinnen finanzielle Vereinbarungen trifft, ist die Künstlersozialkasse (KSK) ständige Begleiterin. Zusätzlich zu den Honoraren sind aktuell 5,2 % Künstlersozialabgabe zu kalkulieren. Sowohl Auftraggeberinnen als auch Bloggerinnen wissen das oft nicht. Mein eigenes Know How zum Thema ist zumindest ausbaufähig. Die Session zum Thema KSK von Rechtsanwalt Andri Jürgensen auf der Social Media Week Hamburg war also quasi Pflichttermin.
Das überraschende Ergebnis der lehrreichen Stunde in der Markthalle am Klosterwall: Ich bin nicht nur abgabepflichtig, sondern wahrscheinlich auch selbst versicherungspflichtig in der KSK. Die Social Media Managerin ist nämlich im Sinne der KSK in der Regel künstlerisch oder publizistisch tätig.
Ich bin mir aus volkswirtschaftlicher Sicht nicht ganz sicher, ob ich das gut finden soll. Mittels eines ziemlich flexiblen Kunstbegriffs wird das Pflichtversicherungssystem KSK immerhin deutlich erweitert. Einzelwirtschaftlich scheint es für mich und vermutlich auch für manch andere selbständig tätige Social Media Menschen mit überschaubaren Überschüssen durchaus attraktiv zu sein.
Ich konnte Andri Jürgensen für einen Gastbeitrag zum Thema Social Media Manager gewinnen, den ich hier wiedergebe. Für alle Fragen, die danach noch offen sein sollten, wendet Euch am besten direkt an Andri, der mit seinen Kollegen zu sehr fairen Konditionen telefonische Erstberatung anbietet.
Vom Nutzen der Künstlersozialkasse für Social Media
Gastautor: Andri Jürgensen
Die Künstlersozialkasse (KSK) ist eine ziemlich nützliche Sache für selbständige Kreative. Sie übernimmt die Hälfte der Beiträge für die gesetzliche Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Das ist Luxus angesichts der Tatsache, dass alle anderen Selbständigen – ob Handwerker, Dozent, Hebamme oder Anwalt – die Kosten für Kranken- und Rentenversicherung alleine tragen. Die Tarife einer freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung (gKV) sind dabei nicht gerade günstig. Da ist die KSK eine echte Überlebenshilfe in Branchen, in denen die Dienstleister nicht selten auch einen Hang zur Selbstausbeutung aufweisen. Konkret in Zahlen: Wer einen Gewinn von 10.000 € macht, zahlt an die KSK nur 150 € monatlich – für die Renten-, Kranken- und die Pflegeversicherung. Bei einem Gewinn von 20.000 € sind es monatlich 300 € und bei 40.000 € monatlich rund 600 €, jeweils die Hälfte davon geht an die Kranken- und Pflegeversicherung. Die Familienversicherung ist hier gleich mit enthalten. Für selbständige Künstler und Publizisten stellt die KSK hinsichtlich der Versicherungsbeiträge eine Art Arbeitgeberersatz dar, die bei Arbeitnehmern ja auch die Hälfte der Versicherungsbeiträge übernehmen. Über 200.000 Künstler und Publizisten sind schon über die KSK, die 1983 gegründet wurde, versichert, und es werden täglich mehr.
Social Media Berater in die KSK
Die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht über die KSK sind dabei nicht unbedingt umfangreich, und dennoch bieten sich auf dem Weg in die KSK allerlei Stolpersteine. Offen steht die KSK zunächst allen Künstler und Publizisten. Das sind zum Beispiel Musiker, Schauspieler, Grafiker oder Autoren. Schwieriger kann die Anerkennung als Kunst oder Publizistik für neue Berufe werden, die der KSK noch nicht so vertraut sind. Webdesigner beispielsweise wurden seinerzeit von der KSK zunächst nicht aufgenommen, bis 2005 das Bundessozialgericht entschied, dass – selbstverständlich – auch Webdesigner Designer und damit Künstler sind. Auch Blogger wurden von der KSK nicht genommen mit dem Hinweis auf deren Steuerbescheide: Die Einkünfte stammten nicht aus dem (freiberuflichen) Verkauf von Texten, sondern dem (gewerblichen) Verkauf von Werbeflächen auf dem Blog. Erst mit Hilfe des Bundessozialgerichts ist es uns gelungen, dass die KSK nun auch hauptberufliche Blogger aufnehmen muss. Damit aber ist der Zugang zur KSK für viele kreative Berufe aus dem neu entstehenden Feld der Social Media gesichert: Werbetexter, Webdesigner, Werbefotografen und auch Social Media Berater können über die KSK pflichtversichert werden, weil ihre Arbeit darauf zielt, dass sich ein Unternehmen „positiv in der Öffentlichkeit darstellt“. Wer hingegen mehr technisch oder organisatorisch arbeitet, kommt nicht in die KSK, wie etwa reine Programmierer oder wer SEO oder klassische Mediaberatung macht. Die KSK versucht allerdings ganz gerne, die eigentlich klar künstlerische Tätigkeit auch mal in eine eher technische oder organisatorische zu schieben (damit sie nicht noch mehr Zuschüsse zahlen muss).
Mindestgewinn 3.900 € – Sonderfall Berufseinsteiger
Darüber hinaus kommt in die KSK nur, wer mit seiner künstlerischen oder publizistischen Arbeit einen Mindestgewinn von jährlich mehr als 3.900 € erzielt. Berufsanfänger müssen in den ersten drei Jahren ab Beginn der Selbständigkeit keine Mindestgewinn erzielen, aber der KSK durchaus Einnahmen nachweisen. Wer also frisch von der Ausbildung kommt und noch keine Kunden hat, sollte zunächst einmal die ersten Aufträge akquirieren und die Leistungen dann auch abrechnen – vorher würde er oder sie von der KSK abgelehnt. Generell sollten die Unterlagen, die man der KSK zur Beurteilung der Versicherungspflicht schickt, gut vorbereitet sein. Wichtig ist es, Arbeitsproben vorzulegen, welche die eigene Arbeit anschaulich machen. Aber, bitte: Keine Originale, keine Kataloge, keine CDs, statt dessen alles ausgedruckt auf A4, soweit nötig in Farbe, und ohne Klammern und Heftungen hintereinander gelegt. Wer sich unsicher ist, ob die Anmeldeunterlagen passen oder der Fragebogen korrekt ausgefüllt ist, kann sich gerne von uns helfen lassen.
Stolperfalle andere Einkünfte
Wenn man erst einmal in der KSK ist, ändern sich nicht selten die beruflichen Wege. Neue Bereiche kommen hinzu, andere beendet man. Das muss keine Auswirkungen auf die KSK haben, kann es aber. Denn immer, wenn man nicht künstlerisch oder publizistisch arbeitet, kann es zu Problemen kommen. Wer beispielsweise als Webdesigner arbeitet und nebenbei einen Internetshop betreibt, darf aus dem Shop nur einen Gewinn bis 5.400 € pro Jahr machen; liegt man drüber, zahlt die KSK keine Zuschüsse mehr für die Kranken- und Pflegeversicherung. Die höheren Beiträge für eine freiwillige Mitgliedschaft in der gKV fressen dann schnell den kleinen Gewinn aus dem Shop wieder auf. Und: Wenn man solche Einkünfte der KSK nicht mitteilt, kann sie die Zuschüsse zur gKV nachträglich zurückfordern.
Fazit: Gute Sache mit der KSK, lohnt sich, sich drum zu kümmern.
Transparenz: Ich habe Andri Jürgensen auf der Social Media Week 2016 kennengelernt. Die Initiative für den Gastbeitrag ging von mir aus. Ich habe für den Verweis auf sein Angebot keine Vergütung oder andere Leistung eingefordert oder erhalten.
Bildquelle: superscheeli (CC BY-SA 2.0), bearbeitet