Nachdem ich mich im Friesländer Boten – auch für mich ;-) überraschend kritisch – zum Thema Schulobst geäußert habe, konkretisiere ich meinen Standpunkt an dieser Stelle lieber noch einmal.
Zunächst: Ich finde es befremdlich, dass die Europäische Union sich mit diesem Thema befasst. Ich bin ein großer Anhänger des Subsidiaritätsprinzips. Aufgaben sollen danach immer von der kleinst möglichen Ebene gelöst werden. Bei der Ernährung ist das unbestritten erstmal die Familie.
Was passiert, wenn statt dessen die größte verfügbare Einheit nach der WHO sich so banaler Dinge wie „mehr Obst essen“ annimmt, kann man leicht anhand der Schulobst-Verordnung der EU ermessen. Paragraphen über Paragraphen bis hin zur Regelung der Buchstabengröße auf Plakaten um läppische 90 Millionen Euro – ca. 18 cent je Einwohner der EU – zu verteilen.
Bei allem Wissen um die zunehmende Belastung der Familien. Das Thema gesunde Ernährung wird sich nur auf dieser Ebene nachhaltig verändern lassen. Da Kinder jedoch auch in der Schule essen und trinken, ist Schule – eine mögliche nächst höhere Ebene – natürlich ein Ort für positive Impulse.
Ob und wie Schulen sich jedoch um die Ernährungsgewohnheiten ihrer Schüler bemühen wollen, sollte in erster Linie ihnen selbst überlassen bleiben. Die Einrichtung eines gemeinsamen Frühstücks kann Teil eines Schulkonzepts sein. Dieses anzuregen und umzusetzen muss in der Verantwortung des Schulvorstandes liegen – also bei Lehrer, Eltern und Schulträger. Wenn diese – warum auch immer – kein Interesse am Thema gesunde Ernährung haben, wird auch per Gesetz geliefertes Obst kaum zu Verbesserungen führen.
Natürlich ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Länder, Bund oder meinetwegen die Europäische Union sich mit Anregungen an die Schulen wenden. Aber brauchen wir wirklich ein Europäisches Schulobstprogramm? Ich denke nein.
Zusätzlich stutzig werde ich auch deswegen, weil es nur vordergründig um die Schulen geht. Das ganze ist nämlich in erster Linie ein weiteres Programm zur Förderung der Landwirtschaft und bläht den Wahnsinn Europäischer Agrarpolitik nur noch weiter auf.
Andererseits: Die Europäische Union stellt die Mittel ja nun einmal bereit. Daran ist vorläufig nichts mehr zu ändern. Die Länder sollten daher zügig und sorgfältig prüfen, ob und wie sich das Geld möglichst ohne größeren bürokratischen Aufwand an interessierte Schulen weiterleiten lässt. Der Versuch der Länder, den Bund in die Verantwortung zu nehmen, ist – da stimme ich Matthias Groote und Olaf Lies zu – ist da kaum zuträglich bis peinlich.
Anders als Olaf Lies halte ich jedoch die Idee, die Eltern finanziell mit in die Pflicht zu nehmen, nicht für abwegig. Gesunde Lebensmittel haben ihren Preis, was aber nicht heißt, dass sie teuer sind. Ich kenne ein Beispiel, wo mit pfiffiger Organisation ein kleiner Apfel für 15 cent angeboten werden kann und die organisierende Schülerfirma sogar noch ein wenig daran verdient. Dieser kleine Beitrag fördert ganz einfach den nötigen Respekt vor einem hochwertigen Produkt.
Das gilt übrigens auch für die von Lies angesprochen Schulmilch. Eine finanzielle Unterstützung bei deren Abgabe ist in Ordnung. Doch kostenlos sollte auch diese nicht sein.
Wie man übrigens die von Lies angeregte regionale Beschaffung organisieren ließe, dafür gibt es im Bereich Schulmilch ein wunderbares Beispiel. Und jetzt folgt Werbung ;-)
Hinweis: Ich äußere mich hier – ebenso wie im Friebo – als Privatperson und vertrete nicht die Position des Stadtelternrates.
Wenn der Autor des Artikels ein pfiffiges Beispiel kennt, dann will ich hier auch noch Ross und Reiter nennen: Bis zum Ende des Schuljahres 2008/09 war ich Leiter ein kleinen Grundschule in der mittleren Wesermarsch. Dort haben wir vor nunmehr zwei Jahren ein ganz einfaches System zum Verkauf von Schulobst eingeführt. Die Schülerinnen und Schüler der Klasse 3 haben den Verkauf eigenständig organisiert. Für den Einkauf war jeweils der Fachlehrer zuständig. Das Obst wurde bei einem Obstbauern aus dem Alten Land direkt eingekauft.
Das System ist auch deshalb erfolgreich, weil die Eltern es mitgetragen und ihren Kindern das Geld zum Kauf der Äpfel mit Begeisterung zur Verfügung gestellt haben. (Nur der Vollständigkeit wegen: Ein Apfel kostet, wenn die Kinder einen Einkaufgutschein erwerben, ganze 12 Cent.)
Ich habe versucht, andere Schulen in der Region ins Boot zu holen. Leider ohne Erfolg!
Das Beispiel aber zeigt: Es geht auch anders, ohne großen bürokratischen Aufwand und eben im besten Sinne des Subsidiaritätsprinzips zum Wohle der Kinder!
Nur am Rande: Die Schülerinnen und Schüler haben bis zu 250,00 € für die Klassenkasse erwirtschaftet und damit nahezu die gesamten Buskosten für die Fahrt ins Schullandheim im 4.Schuljahr sozusagen aus der eigenen Tasche bezahlt.
Huch. Mein Vater liest mein Blog nicht nur. Er kommentiert sogar. Damit wäre das dann auch geklärt.
Apfel ja – Milch nein
Tierrechtsorganisation PETA Deutschland e.V. warnt vor Schulmilch
Das Ende eines Mythos: Schon seit Jahren subventioniert die EU Milch an Schulen. Auch Gratis-Obst ist im Gespräch. Doch im Gegensatz zum Apfel ist die Milch nicht gesund. Auch wenn es die Agrar-Lobby dementiert, Kuhmilch ist für den Menschen biologisch artfremd und für seine Verdauung ungeeignet. Neueste klinische Studien bringen Kuhmilch explizit mit Allergien, Fettleibigkeit und schweren Erkrankungen in Verbindung. Entgegen dem weitverbreiteten Irrglauben entzieht sie dem Körper nämlich das Calcium. Optimale Calcium-Spender hingegen sind grünes Gemüse, Hülsenfrüchte, Leinsamen und Nüsse.
Zwei weitere wichtige Aspekte: Kuhmilch ist ein Produkt aus der Intensivtierhaltung und damit Mitverursacher von mehr klimaschädlichen Emissionen als der gesamte Transportverkehr weltweit. Außerdem funktioniert die Milch-Industrie nur durch tägliches millionenfaches Tierleid, weshalb Milch auch „weißes Blut“ genannt wird. Fakt ist: Die Kuhmilch, die wir trinken, ist die Muttermilch für Kälbchen, die deshalb getötet und zu Kalbfleisch verarbeitet wurden. In diesem Zusammenhang hat PETA Deutschland nun die Kultusminister der Länder angeschrieben, um einen Aufruf zu veganem Schulessen zu bewirken. Denn Tierschutz ist Staatsschutzziel und hat einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert für Kinder, die Erziehung zu mehr Menschlichkeit.
@Peta: Und was ist mit den armen Obstbäumen in Monokulturen. Die langweilen sich doch zu Tode. Veganes Schulessen?! Wie wäre es ausnahmsweise mal mit realistischen Zielen?
Na bitte, geht doch @ selbstorganisiertes Schulobst.
Meine Tante bringt im Moment ganze Kisten von Äpfeln ins Altenheim, weil sie selbst mit Unterstützung der Familie nicht so viel essen kann, wie drauf ist.
„Aber brauchen wir wirklich ein Europäisches Schulobstprogramm? Ich denke nein.“
Einverstanden.