-+-+-+- Bitte den Nachtrag beachten! -+-+-+-
In Niedersachsen gibt es Ganztagsschulen. Ja, wirklich. Inzwischen sogar recht viele. Die wenigsten davon gebunden – sprich verpflichtend -, der überwiegende Teil getragen durch freiwillige Mehrarbeit von Lehrkräften und vor allem Schulleitungen, schlecht bezahlten Aushilfskräften und viel ehrenamtlichem Engagement der Eltern.
Dazu gehört auch, dass Fördervereine von Schulen auf Empfehlung der Landeschulbehörde zu Scheinfirmen mutieren. Das Land ist nämlich nicht in der Lage, Aushilfkräften, die bereits am Vormittag für eine Schule tätig sind, so mit Verträgen auszustatten, dass sie auch am Nachmittag eingesetzt werden könnten. Seit Jahren werkelt man an den dabei auftretenden Konflikten mit den Sozialversicherungsträgern herum. Ohne Erfolg.
Für die Schulen bleiben zwei Auswege: Entweder man verzichtet am Nachmittag auf die ohnehin raren qualifizierten Kräfte aus dem Vormittagsbetrieb, oder schließt einen Rahmenvertrag mit einem Förderverein ab, der wiederum diese Kräfte dann auf Honorarbasis unter Vertrag nimmt.
Die Fördervereine gehen diesen zweifelhaften Weg oft mit. Denn immerhin geht es darum, zumindest ein einigermaßen tragbares Programm am Nachmittag zu ermöglichen.
Ich könnte mit all dem Leben, wenn sich der Kultusminister vor Lehrer und Eltern stellte und zugeben könnte, dass es im Pleiteland Niedersachsen eben nicht besser geht, weil der Finanzminister auf dem Geld sitzt, der Bund nicht genug Steuern erhebt oder man hier eben lieber in Beton statt in Köpfe investiert. Das wäre nicht gut, aber ehrlich.
Statt dessen verfasst er Pressemitteilungen wie diese von gestern:
Kultusminister Dr. Bernd Althusmann fordert die Schulleitungen von Ganztagsschulen auf, in Zweifelsfällen bei Vertragsabschlüssen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ganztagsbetrieb die Beratungsangebote der Niedersächsischen Landesschulbehörde zu nutzen. „Unser Ziel ist es, die eigenverantwortlichen Schulen bei sozialversicherungsrechtlichen Fragen bestmöglich zu begleiten und zu unterstützen. Die Niedersächsische Landesschulbehörde hat bereits vor einigen Monaten ein Team von Fachleuten zusammengestellt, das Ganztagsschulen umfassend berät“, sagte Althusmann. „Die Beratung wird bereits intensiv in Anspruch genommen, aber zum bevorstehenden Schulhalbjahreswechsel ergeben sich an manchen Schulen Fragen“, sagte Althusmann weiter.
Zum 1. Februar wird der neue Erlass „Regelungen zum Einsatz von außerschulischen Fachkräften im Zusammenhang mit ganztagsspezifischen Angeboten“ uneingeschränkt wirksam. Er sieht unter anderem vor, dass zur Absicherung der einzelnen Schulleitungen Dienstleistungsverträge an Ganztagsschulen vor Abschluss der Landesschulbehörde zur Prüfung und Zustimmung vorzulegen sind. Die Niedersächsischen Landesschulbehörde wird in den nächsten Tagen alle Schulleitungen von Ganztagsschulen kontaktieren und auf das Beratungsangebot hinweisen. Schulen können sich eine Handreichung und weiterführende Informationen im für Schulen zugänglichen Bereich des Internetangebots der Behörde herunterladen.
Hört sich an, als wäre alles gut, oder? Verträge, die die Fördervereine aus ihrer zwielichtigen Rolle einer Scheinfirma befreien könnten, wird es trotzdem nicht geben.
Und noch eins in dieser Mitteilung, ist nicht mehr als eine bodenlosen Frechheit: „Die Niedersächsischen Landesschulbehörde wird in den nächsten Tagen alle Schulleitungen von Ganztagsschulen kontaktieren und auf das Beratungsangebot hinweisen.“ Herr Althusmann, ihnen ist schon bewusst, dass „in den nächsten Tagen“ das neue Halbjahr beginnt, Verträge mit den Mitarbeitern also im Sinne verlässlicher Planung längst unter Dach und Fach sein sollten? Ihr Hinweis kommt Wochen, nein Monate zu spät.
Nachtrag (28.01.11): Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft im Kultusministerium. Die Kommentare des Ministers dazu hören sich so an, als gehöre die Praxis wegen der nun ermittelt wird, der Vergangenheit an. Bei Licht betrachtet, ist man mit der Verlagerung des Problems auf die Fördervereine einfach nur geschickter beim Vertuschen der Umstände.
Im Grunde verhält sich das Ministerium wie die Outlaws der Leiharbeitsbranche, die gewissenlos gesetzliche Lücken ausnutzen oder Katz und Maus mit den Sozialversicherungen spielen. Mich als Vorsitzenden eines Fördervereins macht es zu einem seiner Büttel.
Nur noch mal zur Erinnerung: Wie reden über die Bildung unserer Kinder und damit die Zukunft unseres Landes und nicht etwa über Fleischzerlegung oder Gurken Pflücken.