Den Namen Manfred Spitzer habe ich vor ein paar Jahren zum ersten Mal gehört. Vor allem unter Pädagogen auf der Suche nach Erklärungen für immer größere Herausforderungen mit einzelnen Schülern machten seine Bücher und Vorträge die Runde. Später sah ich dann einen Mitschnitt eines Spitzer-Vortrags vor großem Publikum in der Oldenburger Weser-Ems-Halle. Mein Eindruck: Fundierte Arbeit, plausible Schlussfolgerungen, großer Redner.
Daher war ich etwas überrumpelt, als jüngst die große Aufregung um Spitzers neues Werk Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen durch meine Timelines brodelte. Mittlerweile habe ich zwar das Buch nicht gelesen, Spitzer aber in der einen oder Sendung im Fernsehen gesehen und ein paar Kommentare gelesen.
Jetzt wirkt Spitzer wie jemand, der sich auf ein Feld begeben hat, das er nur glaubt zu verstehen, der seine Wissenschaft einem Bereich überstülpt, der sich (noch) viel zu schnell wandelt, um ihn fundiert beurteilen zu können, der im Grunde vielleicht sogar ahnt, dass er zu weit gegangen ist. Er wirkt überspannt, aggressiv und arrogant. Einer ernsthaften Diskussion scheint er nicht mehr zugänglich.
Das ist schade, denn diese ernsthafte Diskussion wäre wirklich wichtig. Natürlich müssen wir uns um den Medienkonsum von Kindern Gedanken, vielleicht auch Sorgen machen. Genauso wenig wie Kleinkinder vor den Fernseher gehören, sollten Grundschüler stundenlang im Internet unterwegs sein. Womöglich gar ohne Begleitung.
Ich finde es als Vater ausgesprochen schwierig, über das richtige Maß zu entscheiden und die Zeitpunkte für die nächsten Schritte zu erkennen. Einfache Antworten sind zumindest vollkommen fehl am Platz, weder die der laissez-faire-Fraktion, noch die eines Manfred Spitzer.
Zur Frage, wie Spitzers Buch und dessen mediale Verarbeitung die ernsthafte Diskussion behindert, statt sie anzustoßen, hat sich mein Freund Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach ebenfalls Gedanken gemacht. Unbedingt lesen: Spitzers Flurschaden.