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Ich gebe zu, ich widme mich den Internet-Aktivitäten der WAZ-Mediengruppe aka DerWesten nicht mehr so intensiv, dass ich sie noch voll qualifiziert beurteilen könnte.

Meine bekannte Kritik an dem Portal wegen der unterirdischen Leistungen im Lokalen und der Vernachlässigung des Regionalen jedoch – etwa hier -, findet in schöner Regelmäßigkeit neue Bestätigung.

Zuletzt am vergangenen Montag. Über Twitter war am frühen Abend zu erfahren, dass in der Bochumer Innenstadt ein Weltkriegsbombe gefunden worden war. Das folgende Chaos muss erheblich gewesen sein. Der Verkehr auf Straße und Schiene brach weitgehend zusammen, 6.000 Menschen mussten evakuiert werden.

Eine Situation, die für jeden engagierten Lokaljournalisten ein gefundenes Fressen sein sollte. An jeder Ecke wartet ein Story, die Bilder springen einem nur so entgegen. Wie zum Beispiel evakuiert man eigentlich frisch operierte Patienten aus einer Tagesklinik? Warum verlassen sich einige Bewohner offenbar nur widerwillig das Gebiet? Interviewthemen, Portraitanlässe, Fotostrecken.

Bei DerWesten war jedoch nichts von alledem zu lesen. Es gab lange Zeit lediglich eine dürre Meldung von ddp, später eine von dpa. Erst am Dienstag Abend gibt es im Lokalen dann endlich eine allerdings immer noch nicht berauschende eigene Story. Inzwischen findet man immerhin eine Fotostrecke und ein vom WDR übernommenes Video. Wie könnte man diese „Leistung“ besser betiteln als Lukas mit Geht die Welt heute unter, geht sie ohne mich.

Die Bochumer Lokalredaktion hat damit einmal mehr unter Beweis gestellt, dass sie den Anforderungen eines modernen Lokaljournalismus in keiner Weise gewachsen ist. Und ganz offenbar ist auch die Redaktion von DerWesten nicht willens oder in der Lage diese Schwäche zumindest bei ganz besonders wichtigen Ereignissen aufzufangen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang gerne noch einmal an das Desaster zur Oberbürgermeisterwahl in Düsseldorf.

Auf mich wirkt DerWesten immer mehr – so habe ich es gestern schon getwittert wie ein Starbucks mit dem besten Karamelsirup der Stadt. Leider gibt es keinen Kaffee und die Milch ist sauer:

Das Community-Management platzt aus allen Nähten, Video scheint irgenwie wichtig, Blogs gibt es gar viele. Aber es fehlt weitgehend an geeigneten Inhalten aus den Lokalredaktionen und auch den übrigen journalistischen Inhalten wird eher wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

Dem Erfolg von DerWesten scheint das alles offenbar nicht im Wege zu stehen. Die Zugriffszahlen entwickeln sich recht positiv. Gleichzeitig geraten die Auflagen der Prinausgaben jedoch weiter ins Rutschen. Mag sein, dass ich mich täusche, doch ich bin mir recht sicher, dass die mangelnde journalistische Qualität von Print und Online den Abokündigungen zusätzlich Vorschub leistet. Uns was der Erfolg von DerWesten noch wert ist, wenn Werbetreibende irgendwann nicht mehr nur auf Klicks, sondern auch auf die Qualität der Zugriffe schauen, wird sich noch zeigen.

Ich wiederhole mich gerne. Kümmert Euch bei DerWesten um die Qualität im Lokalen, macht eine perfekte (Online-)Zeitung für die Region Ruhr und NRW. Andernfalls wird von Euren Medien irgendwann nichts übrig bleiben als eine mittelmäßige Community, die über Inhalte von dpa, WDR und Spiegel online diskutiert.

Der Pottblogger Jens hat übrigens die hochnotpeinliche Begründung der WAZ Bochum für ihr „Versagen“ gefunden. Sie wurde evakuiert.