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*** Geht bitte Blut spenden. Warum? Es könnte Leben retten. ***

Wie einige schon via Twitter oder auf anderen Wegen mitbekommen haben, hat sich meine Mama mit dem EHEC-Virus infiziert und leidet seit Anfang letzter Woche an einer mittelschweren bis schweren Verlaufsform des HUS. Sie ist schwerst krank und muss intensivmedizinisch behandelt werden. In ihrem Falle scheinen die nur wenig erprobten Behandlungsmethoden aber offenbar das Schlimmste verhindern zu können. Ich bin ganz guter Dinge.

Update (14.06.11): Meine Mama wacht seit ein paar Tagen langsam aus dem langen Koma wieder auf. Sie wird inzwischen nicht mehr mit Plasmaaustausch, sondern mit Eculizumab behandelt. Es scheint gut zu wirken und sie wird wieder gesund werden.

Die Behandlung meiner Mama konfrontiert mich erstmals in meinem Leben sehr konkret mit der Intensivmedizin. Die massive Verkabelung und den Einsatz hochkomplexer Gerätschaften kann man ja durchaus zweischneidig sehen. Bspw. dann, wenn aus Lebensrettung quälende Lebenverlängerung wird und es um die Frage eines würdigen Sterbens geht.

Im Falle von EHEC/HUS stellt sich diese Frage aber so erst mal nicht. Das Bakterium reißt vollkommen gesunde Menschen innerhalb von wenigen Tagen an den Rand des Todes. Ohne intensivmedizinische Behandlung würden die meisten Betroffenen sterben, mit ihr haben sehr viele die Chance, wieder ganz gesund zu werden.

Ein sehr wichtiger Baustein der Intensivmedizin ist der ausreichende Zugriff auf Spenderblut bzw. Blutbestandteile. Im Falle von EHEC/HUS sogar in ganz besonderem Maße.

Die Giftstoffe, die die Bakterien ausschütten, zerstören bestimmte Blutbestandteile. Deren Zerfallsprodukte vergiften dann den Körper zusätzlich und setzen vor allem die Niere, manchmal auch Teil des Hirns außer Gefecht. Zur Entlastung wird ein bis mehrmals täglich das gesamte Blutplasma der Patienten ausgetauscht. Zusätzlich wird eine Dialyse durchgeführt und teilweise müssen auch rote Blutkörperchen gegeben werden.

Der Verbrauch an Plasma ist enorm. Je Plasmaaustausch werden mehrere Beutel Plasma verwendet. Und jeder Beutel entspricht genau einer Blutspende. Meines Wissens wird trotz der hohen Fallzahlen kein akuter Plasmaengpass entstehen. Plasma ist sehr lange haltbar und wird aus Gründen der Infektionssicherheit ohnehin erst möglichst lange nach der Spende verabreicht. Eine Delle in den verfügbaren Beständen wird aber möglicherweise in einigen Wochen entstehen.

Dennoch finde ich, dass der aktuelle EHEC/HUS-Ausbruch eine gute Gelegenheit ist, für die Blutspende zu werben. Ich selbst habe die regelmäßigen Aufrufe zum Spenden relativ lange ignoriert und gehe erst seit ein paar Jahren regelmäßig hin. Dabei sind gerade junge, körperlich fitte Menschen die am besten konstituierten Spender. Leider treffe ich bei den Spendenterminen eher viele, die aus Altergründen bald schon nicht mehr werden spenden dürfen.

Daher meine Bitte an meine Leser: Wer noch nie Blut spenden war, sollte gerade jetzt an eine Erstspende denken. Wer es einmal ausprobiert hat, weiß danach, wie er die Spende verträgt. Und er landet im Informationssystem der Spendendienste, die mit schöner regelmäßig an Spendentermine in der Nähe erinnern werden. Wer die Hürde der Erstspende genommen hat, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit dann auch wieder hingehen.

Und all diejenigen, die die Erinnerungskarten in den letzten Monaten oder Jahren ignoriert haben, gehen natürlich auch mal wieder hin.

Wann und wo man Spenden kann, erfahrt ihr hier.

Meine größte Sorge vor der Spende war übrigens immer die Angst vor der großen Nadel. In der Hinsicht kann ich Euch beruhigen. Die Jungs und Mädels stechen mit geradezu traumwandlerischer Routine und Präzision. Okay. Es piekst. Aber geschmerzt hat es noch nie. Und hinterher gibt es immer lecker Mettbrötchen.

(Die aktuelle Hygiene- und Gemüsehysterie finde ich übrigens verständlich, aber falsch. Die Nachteile übertriebener Hygiene überwiegen deren vermeintliche Vorteile bei weitem. Wer sich vor jedem Keim zu schützen versucht, wird früher oder später von irgendetwas besonders hart getroffen werden, weil sein Immunsystem sich nicht zu wehren gelernt hat.

Und beim Gurkenkauf bin ich zwar derzeit nachdenklich, aber nicht hysterisch. Es gibt zumindest keinen Anlass, auf den Verzehr von Gurken aus den Gewächshäusern aus dem Nachbardorf zu verzichten. Und da sollten sie ohnehin am besten herkommen, finde ich.)

Fotonachweis: MartinD, CC-by-SA