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Im Branchenblog off the record hatte kürzlich der Spießer Alfons eine gemeinsame Kampagne von Procter & Gamble und Unicef auseinander genommen.

Procter & Gamble unterstützt – im Namen der Marke Pampers – Unicef bereits seit 2006 bei der Finanzierung eines Impfprogramms gegen Tetanus. Tetanus gefährdet in weniger entwickelten Ländern vor allem gebärende Frauen und Neugeborene, da es unter der Geburt leicht zu einer Infektion kommen kann.

Getreu dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“ begleitet Procter & Gamble das Engagement natürlich fleißig mit Werbung und PR.  So prangt derzeit auf jeder Packung Pampers das gemeinsame Logo der Aktion und im Fernsehen laufen Spots wie dieser hier:

Die harsche Kritik des Spießers ist zweigeteilt. Zum einen lehnt er Werbung, die mit Mitleid den Abverkauf befeuern will, aus grundsätzlichen Überlegungen heraus ab.  Zum zweiten weist der Spießer darauf hin, dass das Engagement von Procter & Gamble bei näherem Hinsehen nicht eben üppig ausfällt.

Der Slogan der Aktion lautet „1 Packung = 1 Impfdosis“, was zunächst einmal großzügig klingt. Übersetzt in die Welt mitteleuropäischer Eltern heißt das doch, dass man mit jeder Packung Pampers ein Leben rettet. Profanere Geister assozieren vielleicht auch den zweistelligen Eurobetrag, den sie für ihre letzte Tetanusauffrischung zahlen mussten.

Im Kleingedruckten ist Procter & Gamble jedoch entlarvend ehrlich und ernüchtert mit folgender Aussage:

„Mit jedem Verkauf einer Pampers Aktionspackung, die das UNICEF Logo trägt, unterstützt Procter & Gamble UNICEF im Kampf gegen Tetanus bei Neugeborenen mit € 0,047 bzw. ungefähr 0,079 CHF. Dieser Betrag entspricht z.B. den Kosten für eine Impfdosis.“

Der Spießer hat nachgerechnet und kommt auf einen Anteil vom Verkaufspreis von rund 4 Promille, man könnte auch sagen ein knappes halbes Prozent. Stellt man den Abgabebetrag etwa in Relation zu dem Euro, den man dem Penner in der Fußgängerzone zusteckt, müsste man satte 21 Packungen Pampers kaufen, um auf einen ähnlichen Aufwand zu kommen.

Das ist – mit Verlaub – so wenig, dass es eher wie Satire denn wie ernsthafter Wille zur Hilfe wirkt. Ich kann jeden – auch den Spießer – verstehen, der die Kampagne angesichts dieser Fakten schnell als billige Effekthascherei verurteilt.

Ich habe Unicef und Procter & Gamble per Mail auf die Kritik angesprochen und um Stellungnahme gebeten. Geantwortet hat mir die begleitende Agentur RPM Berlin. Die Antwort hat zunächst einmal ein wenig Licht in den Gesamtumfang und die Mechanik der Aktion gebracht.

Procter & Gamble und Unicef arbeiten in Sachen Tetanus bereits seit 2006 zusammen. Aktuell laufen die Planungen bis 2010. Für den Projektzeitraum 2008 bis 2010 stellt Procter & Gamble eine Summe von mindestens 22 Millionen Dollar – also ca. 7 Millionen Dollar im Jahr – zur Verfügung und zwar unabhängig vom tatsächlichen Absatz. Bislang konnten damit ca. 100 Millionen Impfdosen finanziert werden.

Nach den mir verfügbaren Daten entsprechen die 7 Millionen Dollar sehr grob geschätzt etwa einem Prozent des Gewinns, den Proctor & Gamble mit Pampers erzielen kann.

Ich will nicht sagen, dass das viel ist. Es ist aber auch nicht wenig. Auf jeden Fall finde ich diese Zahlen deutlich überzeugender, als die in der Kampagne kommunizierten 0,047 € pro Packung. Ich könnte also zu dem Schluss kommen, dass die Kritik des Spießers an der Höhe der Förderung überzogen ist.

Es bleibt allerdings die Frage, warum es Procter & Gamble es uns so schwer macht, die Ernsthaftigkeit seines Engagements zu erkennen. Natürlich kann ich den vordergründigen Reiz des Slogans „1 Packung = 1 Impfdosis“ nachvollziehen und womöglich werden viele Konsumenten zunächst einmal nur diese Botschaft verinnerlichen und dem Kaufanreiz folgen.

Doch angesichts der langen Laufzeit der Aktion werden immer wieder Einzelne die Frage stellen, ob 0,047 € ein angemessener Förderbetrag sind. Und zwar – das ist nun einmal heute so – zunehmend öffentlich. Die wenigsten werden dabei so wie ich bei Procter & Gamble oder Unicef nachfragen, Wikipediaeinträge konsultieren und komplexe Berechnungen anstellen, um schließlich zu der Erkenntnis zu gelangen, dass die Förderung vielleicht doch ganz überzeugend ist.

Und der Slogan „1 Packung = 1 Impfdosis“ hat noch ein weiteres Problem. Der postulierte enge Zusammenhang von Pamperskauf und dem Kauf einer Impfdosis besteht allenfalls in der Theorie. Zwar versichert die begleitende Agentur auf Nachfrage, dass die Fördersumme auch über 22 Millionen Dollar ausgeweitet werden kann, wenn mehr Pampersverpackungen mit Unicef-Logo verkauft werden. Doch wieviele Packungen mit Unicef-Logo verkauft werden, unterliegt ja einzig der Entscheidung von Procter & Gamble. Anders als der Slogan suggeriert, haben Pamperskäufer also keinen unmittelbaren Einfluss auf die Fördersumme.

Mein Fazit: Die durchaus lobenswerte Zusammenarbeit von Procter & Gamble und Unicef wird nicht zeitgemäß kommuniziert. Da dadurch nicht nur der Erfolg der Marke Pampers, sondern auch der ohnehin kränkelnde Ruf von Unicef auf dem Spiel steht, halte ich das für bedenklich.