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Am 19. Februar kommt der Rat der Stadt Varel zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen. Erforderlich ist dieser Termin, weil sich die sechs aus der SPD-Fraktion ausgeschlossenen Ratsmitglieder zu einer Ratsgruppe zusammengeschlossen haben und jetzt die Besetzung der Ausschüsse den neuen Fraktions- bzw. Gruppenstärken angepasst werden muss. Zudem möchte die CDU die Zahl der Ausschüsse reduzieren.

Da einige Ausschussmandate durch Los vergeben werden, birgt die Neubesetzung ein wenig Spannung, ist aber letztlich nur ein formaler Akt.

Wirklich aufregend wird die Ratssitzung jedoch deshalb, weil die MMW-Fraktion eine Neuwahl der Ratsvorsitzenden und der stellvertretenden Bürgermeister beantragt hat und damit die SPD insgesamt unter Zugzwang setzt.

Derzeit sind alle neu zu wählenden Positionen mit Mitgliedern der SPD-Rumpffraktion besetzt. Ratsvorsitzender und erster stellvertretender Bürgermeister ist Karl-Heinz Funke und damit die Person, die letztlich im Zentrum der Verstimmungen in der SPD-Fraktion steht.

Funke bestimmt die Geschicke der Vareler Politik seit 1972 mit. Nach meiner Wahrnehmung schätzen viele Vareler ihn sehr für das, was er als Bürgermeister, Landes- und Bundesminister für die Stadt und die Region erreicht hat. Doch die Zustimmung schwindet, denn ganz offensichtlich funktioneren seine Rezepte nicht mehr reibungslos. Weder in Sachen Stadtpolitik, die angesichts einer katastrophalen Haushaltslage mittelfristig handlungsunfähig werden könnte, noch innerhalb der SPD.

Im Rat, soviel dürfte sicher sein, hat Funke keine Mehrheit mehr. Außer der SPD-Rumpffraktion steht trotz aller Achtung für seine Lebensleistung niemand mehr hinter ihm. Ginge es nur um seine Abwahl, wäre die Sache ausgemacht.

Doch es geht nicht nur um die Abwahl. Es müssen auch neue Personen in die Ämter gewählt werden. Und da wird die Sache kompliziert. Die SPD-Gruppe legt nämlich Wert darauf, weiterhin fest zur SPD in Varel zu stehen. Eine offene Opposition gegen stellvertretende SPD-Bürgermeister und SPD-Ratsvorsitzende passt nicht in dieses Bild. Eine Unterstützung von Kandidaten anderer Parteien noch viel weniger.

Ein Ausweg wäre, sich interfraktionell abszustimmen und die Ämter paritätisch zu verteilen. Die SPD-Fraktion könnte – um ein Beispiel zu nennen – den ersten stellvertretenden, die CDU den zweiten stellvertretenden Bürgermeister und die SPD-Gruppe den Ratsvorsitzenden stellen. Die kleinen Fraktion einigen sich auf zwei Kandidaten für die stellvertretenden Ratsvorsitzenden. Damit würde man ein Zeichen der Verständigung setzen und der aller Orten zu vernehmenden Verpflichtung zur Sachpolitik Glaubwürdigeit verleihen.

Doch dazu müsste man miteinander reden. Und für Karl-Heinz-Funke dürfte dies den Abschied aus der aktiven Ratspolitik markieren. In einer Lösung des Ausgleichs gibt es schlicht keine Rolle für ein Alpha-Tier wie ihn.

Dürfte ich Funke einen Rat geben, würde ich empfehlen, dass er seine Ämter zur Verfügung stellt und sich gleichzeitig als Spiritus Rector einer interfraktionellen Lösung positioniert. Das wäre ein ehrenvoller Abgang. Er könnte noch ein paar Jahre als einfaches Ratsmitglied wirken und über seine zahlreichen Ehrenämter aus dem Hintergrund die Politik mitgestalten.

Funke ist erfahren genug, den Charme einer solchen Lösung zu erkennen. Er dürfte nicht zuletzt auch darin liegen, den Zusammenhalt der SPD zu sichern. Hoffen wir, dass er gelassen auf Geleistetes zurück- und in eine weniger einflussreiche Zukunft vorausblicken kann.

Zum besseren Verständnis habe ich hier mal schnell die aktuelle Zusammensetzung des Rates ausgezählt:

SPD-Fraktion: 12
SPD-Gruppe: 6
SPD-Bürgermeister: 1
CDU: 8
FDP: 3
Grüne: 3
MMW: 4